Neubau eines Verwaltungsgebäudes mit Wohnkomplex
Sparkasse Marburg
In dem Wettbewerb für einen zeitgemäßen Neubau für die Sparkasse Marburg-Biedenkopf ging es um eine gesamtheitliche städtebauliche Planung im Marburger Süden mit einer sich anschießenden Wohnbebauung. Für den ganzheitlichen Entwurf wurde das Düsseldorfer Architektur- und Innenarchitekturbüro bkp mit dem zweiten Platz ausgezeichnet.
Status: Entwurf
Leistungen: Architektur, Innenarchitektur
Größe: 21.300qm (Sparkasse), 15.520qm (Wohnungsbau)
Auszeichnungen: 2. Platz im Wettbewerb
Die grüne Verbindung
Die Leitidee für die Quartiersentwicklung im Marburger Süden ist bestehende, aber über die Zeit verloren gegangene Bezüge zur Umgebung wieder aufzunehmen. Dazu soll eine natürliche Verbindung zu den umliegenden Grünflächen geschaffen werden. In Blickrichtung Osten und Westen gliedern sich an das Stadtgebiet grüne Anhöhen, die durch die Lage im Mittelgebirge vom Baufeld aus sichtbar sind. Im Osten schließt sich das parkähnliche Vitos-Klinikgelände an und im Westen erstreckt sich die Lahn mit ihren Grünflächen. Die grüne Verbindung durchdringt so das Baufeld inklusive der Kundenhalle des Neubaus, sowie den Innenhof und den zweiten Eingang nach Osten als transparente, begrünte Fuge, die die Natur nach Innen holt. Der neugeplante Nachbarschaftsplatz mit Außengastronomie, großen Grün- und Aufenthaltsflächen, sowie Beeten für mehr Bio-Diversität rundet das Konzept ab und ergänzt die Idee der grünen Verbindung von Stadt und Natur.
Integrative Architektur
Als Neuinterpretation der regionalen Gegebenheiten und der kleinteiligen Stadtstruktur der Marburger Altstadt ergänzen zwei Satteldach-Häuser die Kubatur des Neubaus. Dieses Motiv erzeugt aufgrund seiner natürlichen Fassadenkonstruktion einen einladenden Charakter mit regionalem Bezug. Darüber hinaus dienen die ineinandergreifenden Gebäudeteile zum einen der außenwirksamen Verbindung der Baukörper, gleichzeitig aber auch der Verbindung der inneren Funktionen. Diese sind vor allem in den Beratungscentern und den Kundenbereichen, schließlich aber auch in den neuen Arbeitswelten für die Mitarbeitenden der Sparkasse von Bedeutung.
Transparente Architektur lädt Besucher ein
Das neue Sparkassengebäude ist transparent und einladend gestaltet. Durch das sichtbare „Haus im Haus“ wird ein visueller Anziehungspunkt erzeugt, der als „Zuhause“ der Beratungsräume mit ihren großflächigen Begrünungen im Innern neugierig macht. Daneben öffnet sich im Erdgeschoss auch das Bistro zum Platz hin, während die geschlossenen Baukörper die Glasfuge rechts und links einrahmen. Das Erdgeschoss dient im Bereich der gläsernen Structural-Glazing-Fassade dazu, die Öffentlichkeit anzulocken und einzuladen, während die angeschlossenen Bereiche rechts und links vor allem für funktionale Räumlichkeiten und Arbeitswelten genutzt werden.
Der Haupteingang der Sparkasse ist direkt über den Platz erreichbar; der 24h Stunden SB-Bereich ist von einem weiteren, unauffälligeren Eingang zu erschließen, um den Fokus auf der einladende Markenbotschaft zu erhalten und nicht durch nüchterne Geldautomaten zu verschleiern. Der Haupteingang dient mit seinem optischen Rahmen als eindeutiger Anlaufpunkt. Er ist so gelegen, dass sowohl die Service-Points der Sparkasse in direktem Blickfeld stehen, als auch die Sicht bis in den Innenhof frei bleibt und somit die Weite, Offenheit und Großzügigkeit der Kundenhalle direkt erlebbar wird.
Das Zusammenspiel von Architektur und Freiraum lässt sich vor allem als Hand-in-Hand von Stadt und Natur beschreiben. So erzeugt die grüne Verbindung zu den transparenten Nutzungsbereichen einen großen Mehrwert an Lebensqualität und Klimafreundlichkeit.
Wohnliche Gestaltung als thematische Klammer
Eine wohnliche Kaffee- und Getränkebar kann in Kurzberatungssituationen für einen zusätzlichen ersten Wohlfühl-Moment genutzt werden. Gleichzeitig macht dieses Element den Auftakt zum Thema Immobilien und Eigenheim, das sich an den daran angegliederten Beratungstischen mit eingelassenen Touch-Displays fortsetzt. Diese bieten mehr Diskretion und machen dennoch eine spontane und lockere Beratungssituation möglich. Das „Haus im Haus“ als bereits von außen sichtbares Element greift diese Thematik zusätzlich auf und bietet im Innenraum Platz für hochwertige Beratungsräume. Die gläserne Fassade lässt Einblicke vom begrünten Innenhof sowie dem Quartiersplatz zu und zeigen die Beratungskompetenz der Sparkasse transparent nach außen.
Folgt man dem Immobilien-Band im Erdgeschoss weiter nach links gelangt man ins direkt angeschlossene Bistro, das einen urbanen Charakter mitbringt und sich von der sehr natürlichen Gestaltung der Sparkasse bewusst in ein trendbewusstes, städtischeres Konzept verändert. Der großzügige Tresen aus Stein mit einem „schwebenden Garten“ darüber, sowie die angegliederte Sitznische bilden die gestalterische Basis. Es wurde bewusst auf einen Mix aus Barhockern, gepolsterten Lounge-Bereichen und klassischen Esstischen geachtet, um jedem Besucher einen geeigneten Lieblingsplatz anzubieten – und gleichzeitig Mitarbeitenden flexible Zonen für mobiles Arbeiten zur Verfügung zu stellen. Bei Events können diese Bereiche einfach umgenutzt werden und entsprechend als Cateringbereich dienen. Eine Doppelnutzung, die platzsparend und flächeneffizient ist.
Attraktive Arbeitswelten für Sparkassen-Mitarbeiter
Zum Innenhof hin finden die Mitarbeitenden der Sparkasse darüber hinaus eine ruhige und für sich abgeschlossene Arbeitswelt. Der Innenhof der Sparkasse ist ebenfalls intensiv begrünt und als „Aktivhof“ mit einem Besprechungsraum, einer Tischtennisplatte und Sitzbereichen für Pausen gestaltet. Für die zukünftige Entwicklung der Bank werden sich innen in vielen Bereichen Schreibtischflächen reduzieren lassen, so dass Platz für Teamarbeit, Orte des Austauschs, aber wohlmöglich in Zukunft sogar fremdvermietbare Bereiche zum Beispiel für Co-Working frei werden können.
Architektur und Nachhaltigkeit
Das markante „Holzhaus“-Element des geschlossenen Bereichs hat nicht nur städtebauliche Wirkung, sondern setzt mit seiner naturbewitterten Lärchenfassade ein klares Statement für Nachhaltigkeit und ein modernes Stadtkonzept. Die Abkehr von großmaßstäblichen Flachdachbauten und einem hohen Anteil versiegelter Flächen, hin zu einer naturnahen Struktur mit großen Grünzonen erzeugt einen Mehrwert für den Marburger Süden.
Bei der Material- und Möbelauswahl spielen die Aspekte Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit ebenfalls eine große Rolle. So werden zum Beispiel hochwertige Recycling-Materialien für Schreinerausbauten, sowie Hölzer, die aufgrund notwendiger forstwirtschaftlicher Entscheidungen abgeholzt werden müssen, verwendet. Der selbstverständliche Einsatz umweltverträglicher Materialien und Möbel gehört genauso zum Standard wie eine kosten- und flächeneffiziente Gebäudestruktur. So bietet auch die Gebäudeplanung selbst neben einem ganzheitlich durchdachten Freiraum- und Energie-Konzept ein hohes Maß an Nachhaltigkeit: Durch flächeneffiziente Mehrfachnutzung von Bereichen und einfache Anpassung der Gebäudestrukturen entsteht Flexibilität, die auf die Veränderung von zukünftigen Bedürfnissen einzahlt.
Ein wirtschaftliches Energiekonzept
Klimaveränderungen und steigende Energiekosten führen zu einem Umdenken beim Wärmeschutz und der Energieversorgung von Gebäuden. Zur Verbesserung des Mikroklimas erhält das Gebäude deshalb mehrere Gründächer. Diese sorgen durch die Verdunstung von Wasser für eine niedrigere Umgebungstemperatur und tragen zur Verminderung von Abflussspitzen bei. Durch die zusätzliche Integration von Photovoltaik kann die gute Sonneneinstrahlung am Standort und die große zur Verfügung stehende Dachfläche sinnvoll als Beitrag zum Energiekonzept genutzt werden.
Bei der Ausarbeitung der Kubatur wurde außerdem auf die Tageslichtversorgung der Räume geachtet. Es werden hocheffiziente Leuchtmittel und ein intelligentes Beleuchtungskonzept eingesetzt. Über Präsenzmelder wird der natürliche Sonnenlichteinfall erfasst und die Beleuchtung gedimmt.
Städtischer Wohnungsbau ergänzt das Nutzungskonzept
Im Gesamtkonzept wurde im Sinne des Marburger Wohnungsmarkts auch die Integration von Wohngebäuden berücksichtigt. Teilweise wurden diese für eine Steigerung der örtlichen Lebensqualität mit einer Ladennutzung ergänzt; teilweise sind private Gärten oder großzügige Balkone und Loggien vorgesehen. Die einzelnen Innenhöfe sind als grüne Treffpunkte vor allem zur ruhigen Nutzung und Entspannung gedacht. Der zwischen den beiden Wohnhöfen gelegene Nachbarschaftsplatz lädt hingegen mit einem Spielplatz und Picknick-Flächen zu Austausch und Aktivität ein. Insgesamt werden auch hier die großflächige Begrünung und der Verzicht auf versiegelte Flächen als Pluspunkt einer modernen Quartiersgestaltung verstanden. Für die Bepflanzung sind abwechslungsreiche Baum- und Straucharten vorgesehen. Sumpfeichen, Amberbäume, Goldgleditsien und Eisenholzbäume schaffen eine ganzjährig attraktive Atmosphäre mit ihrem Habitus, ihrer Blüte und Herbstfärbung. Eine extensive Staudenmischpflanzung erhöht zusätzlich die Biodiversität für Bienen und Insekten.
Team:
Moritz Stein
Kathrin Manert
Eva Boss
Renderings:
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