Demenzsensible Architektur
Demenzkranke Menschen sind eine besondere Gruppe von Patienten, die bei der Planung von Kliniken und Krankenhäusern spezielle Beachtung finden sollten. Sie benötigen aufgrund ihres Krankheitsbildes und den einhergehenden Symptomen (Vergesslichkeit, Schwierigkeiten bei alltäglichen Verrichtungen, Sprachprobleme, Orientierungsprobleme, Änderung des Verhaltens und der Persönlichkeit u.v.m.) besondere Pflege und eine krankheitsgereichte Umgebung. Eine demenzsensible Architektur verbessert nicht nur die Aufenthaltsqualität für die Patienten, sondern entlastet auch das Pflegepersonal spürbar.
Erfahren Sie hier:
Demenzsensible Architektur bietet Sicherheit
Experten beschreiben die Entwicklung der Demenzerkrankung als „last in, first out“: Was zuletzt gelernt wurde, wird am schnellsten vergessen und kann nicht wieder abgerufen werden. Dies sorgt für erhebliche Einschränkung im Alltag. So vergessen die Demenzpatienten beispielsweise, dass sie erkrankt sind und sich zu einer Behandlung im Krankenhaus befinden. Sie finden sich also scheinbar plötzlich in einer fremden Umgebung wieder und möchten zurück nach Hause. Und genau hier wird die Notwenigkeit von erhöhter Sicherheit deutlich: Die Patienten müssen sich sicher durch den Stationsalltag bewegen und dürfen das Krankenhaus nicht eigenständig verlassen können.
Eine einfache Maßnahme wäre hier zum Beispiel die Farbgestaltung der Böden: Bodenbereiche, die dunkler sind als andere, werden als Barriere wahrgenommen und seltener überschritten. Auch Ausgänge können farblich kaschiert und für demenzkranke Menschen schlechter wahrnehmbar gemacht werden. Türen, die hingegen für Patienten wichtig sind, können farblich hervorgehoben werden.
Landmarks dienen der Orientierung
Der Heimkehrdrang kann ebenfalls durch Scheinbushaltestellen befriedigt werden. Befindet sich eine Bushaltestelle vor oder im Flur der Station, kann hier Platz genommen und auf den Bus gewartet werden. Manchmal reichen wenige Minuten schon aus, um den Bewegungsdrang zu befriedigen oder der Patient hat vergessen, warum er hier wartet und geht von selbst wieder zurück aufs Zimmer.
Wird die Station ähnlich wie ein Dorf mit räumlichen Besonderheiten wie regionalen Landmarks gestaltet, finden Erkrankte sich besser zurecht. Sie können sich an den sogenannten Land-, Sound- und Smellmarks orientieren. Vertraute Symboliken und Bilder gliedern die Umgebung und machen sie für die in der Vergangenheit Lebenden einfacher greifbar.
Raumgestaltung für Demente nimmt Ängste und Unsicherheiten
Für eine freie Beweglichkeit und gute Orientierung auf der Station spielt die Beleuchtung eine ebenso wichtige Rolle in der demenzgerechten Raumgestaltung. Oberlichter im Badezimmer sorgen dafür, dass jederzeit eine gewisse Grundbeleuchtung vorherrscht und Lichtschalter leichter gefunden werden.
Es sollte stets darum gehen, den Patienten eine einfach verständliche Umgebung zu bieten, in der sie sich gut zurecht finden können. Missverständnisse jeglicher Art, die gerade bei Demenz auftauchen können, sollten vermieden werden. So können beispielsweise Bodenmuster wie Löcher aussehen.
Auch Spiegel sind häufig Quelle für Unsicherheiten und Missverständnisse. Ein großer Spiegel im Aufzug gegenüber der Aufzugstür lässt Patienten denken, dass sie sich nicht in einem Aufzug, sondern einem Flur befinden. Liegt das Waschbecken mit dem Wandspiegel gegenüber der Badezimmertür, können an Demenz erkrankte Menschen glauben, es sei schon jemand anderes in ihrem Badezimmer. Das führt dazu, dass die betroffene Person gegebenenfalls erschrickt oder nach einem „freien“ Badezimmer sucht. Der Grund: Sie erkennen oftmals nicht mehr ihr eigenes Spiegelbild.
Demenzgerechte Einrichtung verringert negative Nebeneffekte
Demenzgerechte Architektur bewahrt Betroffene vor Stürzen. Das schützt nicht nur ihre Gesundheit, sondern erleichtert auch die Pflege durch das Fachpersonal. Diese werden seltener für Notfallsituationen aus ihren sonstigen Aufgaben herausgerissen und müssen weniger zusätzliche (medikamentöse) Behandlungen leisten. Zudem wird die Zahl der Pflegekomplikationen durch die Sturzprophylaxe deutlich reduziert.
Die Vorteile einer an Demenz angepassten Architektur sind auch für die Angehörigen spürbar. Sie erleben die positiven Effekte und machen sich dadurch weniger Sorgen um die Erkrankten. Das führt zu entspannteren Besuchen und weniger Rückfragen oder kritischen Äußerungen gegenüber dem Personal. Der Umgang im Miteinander verbessert sich. Auch hierdurch werden die Arbeitsabläufe auf der Station wirksam verbessert.
Raumgestaltung für Demenzkranke sorgt für friedlicheres Miteinander
Eine Umgebung, die Sicherheit bietet, beruhigt die Demenzerkrankten, löst Angst und Stress und schafft Vertrauen. Die Patienten sind entspannter, weniger verwirrt oder aggressiv. Dies kann einen direkten Einfluss auf einen schnelleren Genesungsverlauf der Patienten haben, da sie kooperativer sind. Dadurch wird auch der Arbeitsalltag des Fachpersonals und die Pflege der Patienten erheblich erleichtert. Die Zahl der körperlichen Übergriffe auf das Personal sinkt nachweislich. Der Heilungsprozess wird optimiert, sodass sich eine kürzere Verweildauer ergibt und der Patientendurchfluss steigt.
Zeitersparnis für das Pflegepersonal
Ohne die bereits genannten Notfälle und Störsituationen kann sich das Personal vollständig auf seine Kernaufgaben in der Pflege und anderen Bereichen konzentrieren. Das sorgt für einen deutlich effizienteren Ablauf. Hinzu kommen die Vorteile optimierter Raumstrukturen, die auch in dem Konzept Healing Architecture zu tragen kommen.
Mitarbeiterbindung durch Zufriedenheit
Studien schlagen immer wieder Alarm, dass immer mehr Pflegepersonal über einen Jobwechsel nachdenkt. Durch die hier genannten Maßnahmen steigt die Zufriedenheit bei den Pflegenden. Denn die Belastung am Arbeitsplatz sinkt, während durch einfachere Strukturen und umsetzbare Ruhezeiten die Resilenz des Personals steigt. Die erfreuliche Folge: weniger Krankheitsfälle und Burn-Outs sowie eine geringere Mitarbeiterfluktuation. Ebenso ist das Personal wegen der Entlastungen deutlich motivierter und erzielt bessere Arbeitsleistungen.
Den wachsenden Bedarf an alterssensibler Planung in Kliniken hat auch das Land NRW erkannt und stellte im Jahr 2022 Mittel in Höhe von rund 100 Mio.€ für die Förderung von Altersmedizin zur Verfügung. Als Innenarchitekten und Architekten mit Kompetenzschwerpunkt im Gesundheitswesen, stehen wir Ihnen als Experten zur Seite. Wir gestalten die für Ihre Mitarbeitenden und Patienten beste Umgebung, in der Wohlbefinden und Zufriedenheit steigen. Von der Antragsstellung über die Planung bis zur Umsetzung einer modernen Geriatrie, die optimal auf die täglichen Anforderungen ausgerichtet ist.
Autorin: Charleen Grigo | Head of Healing Architecture